Schon komisch, wenn ein Album mehr als zehn Jahre nach dem Tod des Künstlers erscheint - im Falle eines so bedeutenden und für den Punkrock stilprägenden Musikers wie Joey Ramone erwartet man da natürlich als erstes Leichenfledderei. Zwar war auch das letzte Solo-Album "Don't Worry About Me" erst posthum veröffentlicht worden, allerdings lag damals zwischen Tod (2001) und Veröffentlichung (2002) nur eine kurze Zeitspanne, sodass klar war, dass Joey bis zum Schluss an der Scheibe gearbeitet hatte. Bei "Ya Know" ist die Sachlage zwangsläufig anders - allerdings auch nicht so, wie man vielleicht zunächst erwarten würde.
Die späte Veröffentlichung ist nämlich unter anderem auch auf diverse Rechtstreitigkeiten zurückzuführen - wenn berühmte Musiker sterben, gibt es ja bekanntlich auf einmal viele Leute, die der Meinung sind, Rechte an den verbliebenen Aufnahmen zu besitzen. Joeys Bruder Mickey Leigh, der "Ya Know" federführend betreute, benötigte also zunächst einige Zeit, um alle Aufnahmen überhaupt in seinen Besitz zu bringen und mit der Produktionsarbeit zu beginnen. Für letztere trommelte er dann Produzenten und Musiker zusammen, die für Joey Ramone große Bedeutung hatten oder langjährige Weggefährten waren. Einer der Hauptbeteiligten war zum Beispiel Ed Stasium, der diverse Ramones-Alben produzierte, aber auch Musiker wie Joan Jett, Little Steven Van Zandt, Richie Ramone, Bun E. Carlos (Cheap Trick) oder Dennis Diken von den Smithereens waren dabei.
Und die Musik? Die schwnakt zwischen potenziellen neuen Klassikern im typischen Ramones-Stil und einigen Obskuritäten, bei denen sich wohl nur absolute Komplettisten freuen, dass die Songs jetzt verfügbar sind. Gerade in der ersten Album-Hälfte gibt es viel erfreuliches: Das programmatisch betitelte "Rock&Roll is the Answer", das rockende "Giong Nowhere Fast" oder das melancholisch-balladesje "Waiting For The Railroad" sind tolle Songs - nicht nur, weil Joeys Stimme sofort angenehme Erinenrungen aufruft, sondern weil das Songwriting einfach stimmt. Ähnliches gilt für "21st Century Girl", das mit typischem Ramones-Intro daherkommende "I Couldn't Sleep" oder das abschließende "Life's A Gas". Anderes - etwa die alternative Version des Klassikers "Merry Christmas (I Don't Want To Fight Tonight")" - hat eher Skizzen-Charakter und ist auch für Hardcore-Fans wohl nur Beiwerk.
Insgesamt ist "Ya Know" aber weit entfernt davon, aufs pure Geldmachen zu schielen oder eine lieblose Resteverwertung zu sein. Natürlich ist die Platte im Grunde nicht nur, aber vor allem für echte Ramones-Fans eine lohnende Sache. Aber von denen gibt es ja bekanntlich eine ganze Menge.