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Freitag, 1. November 2013

Arliss Nancy - Wild American Runners (Gunner Records)

"I Don't Know Which Way To Go, Something Tells Me I'll Choose The Wrong Road" - die Zeile aus dem wunderbaren "Nothing To Show" steht exemplarisch für das Grundthema des neuen Albums von Arliss Nancy. Es geht um falsche Entscheidungen, gescheiterte Beziehungen und all die Fehler und sonstigen Katastrophen, die das Leben bestimmen. Und die auch mit Unmengen von "Whiskey" (ein Wort, das ebenfalls in mehreren Songs vorkommt) nicht wieder gut gemacht werden können. Hört sich deprimierend an? Aber nicht im geringsten: "Wild American Runners" ist wieder ein Album voller großartiger Hymnen geworden.

Zugegegebenermaßen nicht mehr direkt ein Album im Hot Water Music-Stil, mit Songs zum Bierflasche recken und laut mitgröhlen - das hier ist eher der Morgen danach, mit vielen melancholischen Gedanken im Kopf, bestimmt vom klassischen US-Rock. Dank Piano, einem guten Songwriter-Händchen und ganz viel Verständnis für Folk und Rock wird das Gesamtbild aber immer noch von wunderbar eingängigen Stücken dominiert, und die schroffe Flanellhemd-Stimme sorgt dafür, dass ein Funken Punkrock eben doch immer spürbar ist.

Gaslight Anthem lassen grüßen, Bruce Springsteen sowieso. Weniger Punk-Kante also, mehr Nachdenklichkeit, aber trotzdem ein toller Song nach dem anderen: Der mitreißende Opener "Benjamin", das ruhige und traurige "Nathaniel", das von einem absoluten Ohrwurm-Riff getragene "Nothing To Show", das einfach gestrickte, aber wunderschön vorgetragene doppelstimmige und von der Orgel dominierte "Bloodletter": "Wild American Runner" ist klassischer Rock und klingt trotzdem nicht altbacken, sondern frisch und von Herzen - also genau die Art von Melancholie, die tatsächlich die Stimmung heben kann.