Aus Frontmann Tom Gabel wird Frontfrau Laura Jane Grace, sonst ändert sich nichts - so könnte man, etwas ketzerisch, das neue Album von Against Me! beschreiben. Die Band hatte seit dem Transgender-Coming Out zweifellos mehr Presse als je zuvor und stieß so eine Debatte an, die ein bis dato kaum diskutiertes und von vielen sicher lieber totgeschwiegenes Thema in die Öffentlichkeit rückte. Manch ein alter Fan der Band wird vor lauter sinnvollem und notwendigen Diskurs allerdings die ganz egoistische Angst gehabt haben, das vor lauter Veränderung - nicht nur Gabel änderte das Geschlecht, auch das restliche Band-LineUp wurde mal wieder auf den Kopf gestellt - der alte Sound unter die Räder kommen würde. Dem ist aber nicht so - eher ist das Gegenteil passiert.
„Transgender Dysphoria Blues“ ist nämlich tatsächlich wieder ein ganzes Stück rotziger und hymnischer als der doch sehr glatt ausgefallene Vorgänger "White Crosses"; das gilt nicht nur für ein vor Aggressivität und Garagen-Härte geradezu strotzendes Stück wie "Drinking With The Jocks"; auch die ruhigeren Momemte atmen mehr Dreck als zuletzt noch. Auf der Platte finden sich zahlreiche großartige Hymnen, die das Beste aus Rock, Pop und Folk vereinen und mit einer deutlichen Punk-Kante verfeinern. Viele Fans heften der Band ja gerne den Sticker "Gaslight Anthem, nur lauter und besser" an, und das passt durchaus auch hier wieder - der Band gelingt einmal mehr der Spagat aus Radio-Hymne und rotziger Ecke und Kante.
Mit dabei sind diesmal nicht nur der langjährige Gitarrist James Bowman und Schlagzeuger Atom Willard, sondern auch Fat Mike von NOFX, als Bassist nämlich bei “FUCKMYLIFE666” und “Unconditional Love". Und eben diese beiden Songs sind auch zwei der großen Highlights der Scheibe; ersteres ein hymnischer Folk-Rocker nach Lehrbuch, letzteres ein einfach gestrickter, aber wirksamer Ohrwurm.
Aber eigentlich amcht es gar keinen Sinn, einzelne Highlights zu nennen, im Grunde ist nämlich jedes Stück ein Hit: Das textlich tieftraurige "Dead Friend" eine wunderbar melodische Hommage, "Black Me Out" ein langsamer und doch so wunderbar mitgröhlbarer Folk-Brocken, "Two Coffins" wunderbarer Singer-Songwriter. Auch wenn ich von derartigen Deutungen normalerweise nicht viel halte: Das Outing scheint Laura Jane nicht einfach nur befreit, sondern zusätzlich beflügelt zu haben - schön, dass Against Me! nicht nur wieder da sind, sondern auch so überzeugen können.