Gute Zeiten für Joey Cape – vielleicht nicht
Stimmungs-technisch, aber in punkto Zuspruch: Erst letztes Jahr sorgte er mit
Lagwagon und dem Album „Hang“ für die erfolgreichste Platte der Bandgeschichte,
die neben unerwarteten Chart-Platzierungen auch eine ausverkaufte Tour durch
Deutschlands größte Clubs folgen ließ. Nun widmet er sich wieder einem
Solo-Album, dem ersten nach fünf Jahren – und auch hier dürfte der Anklang
größer sein als je zuvor.
Zwar gilt auch für „Stich Puppy“, was man in ähnlicher Form
schon über „Hang“ gesagt hatte – Cape klang wohl noch nie so düster. Solo
schlägt sich das natürlich nicht in dunklen Metal-Riffs, sondern tieftraurigen
Songwriting-Momenten nieder. Gleichzeitig hat Cape aber auch noch nie so
vielseitige, intelligent komponierte Melancholie-Momente erschaffen. Gleich der
Opener „Me The Witness“ gibt sich zerbrechlich und nahbar, trotzdem eingängig
und sehr stimmungsvoll.
Das vorab veröffentlichte „This Life Is Strange“ setzt mehr
auf Uptempo und breitere Instrumentierung, gibt sich fast ein bisschen
experimentell und pendelt zwischen Pop und Rock und Retro-Sounds. „Broken“ ist
schon ganz großes Trauer-Kino – Piano, berührende Zeilen, wahnsinnig viel
Atmosphäre. „Cope“ beginnt so, wie Cape auch seine ersten Solo-Songs
geschrieben hat, mit spärlichen Riffs und klaren Textzeilen, wird dann aber zu
einer beschwingteren Nummern mit Folk-Elementen und Frank Turner-Schwung.
Überhaupt strotzt „Stitch Puppy“ vor kleinen Überraschungen
wie einem tollen Gast-Auftritt von Chris Cresswell (Flatliners) und gelungenen
Ideen, vor allem aber gelingt bravourös der Spagat aus typischen Cape-Momenten
und deutlich komplexeren und trotzdem sofort zündenden Momenten. Eine weitere
tolle Veröffentlichung also von einem seit Jahrzehnten großartigen Musiker.
This Life Is Strange von Joey Cape auf tape.tv.