Weiterentwicklung ist etwas, das Parkway Drive schon immer ganz prima fanden - Fans der Australier sind also durchaus daran gewöhnt, mit jedem neuen Album eine neue Facette ihrer Byron Bay-Lieblinge kennen zu lernen. "Ire", Album Nummer 5, ist trotzdem eine Überraschung - weil sich die Band so weit wie nie zuvor von ihren Wurzeln wegbewegt. Es gibt sie zwar noch, die heftigen Metalcore-Attacken, die kompromisslos und schnell wüten, Breakdowns aneinander reihen und mit Groove und Wucht überwältigen - "Dying To Believe" oder "The Sound Of Violence" sind gelungene Beispiele dafür. Aber diese Momente sind auf "Ire" eindeutig in der Unterzahl.
Stattdessen hat man das Tempo runter-, den Melodie-Anteil raufgeschraubt - und eine kräftige Prise Stadion-Rock hinzugefügt.
Wenn da gleich zu Beginn der "Destroy"-Chorus angestimmt wird, fühlt sich das eher wie ein Manowar-Intro als eine Metalcore-Einleitung an. Auch danach verbreitet der Song mit seinem markanten und ewig wiederholten melodischen Death-Riff eher Kutten- als Camo-Short-Feeling. Oder "Vice Grip": Mit erhobener Faust wird hier in Poser-"Yeah"-Chöre eingestimmt, und es würde nicht wundern, wenn Parkway Drive damit demnächst im Stadion auftreten und dazu ein Feuerwerk abbrennen - was nicht metaphorisch gemeint ist.
Bei "Crushed" beschwört man dann gar die NuMetal-Geister, mit düsteren Klängen und Sprechgesang-artigem Gesang, "Writings On The Wall" schraubt das Tempo sogar noch weiter runter und suhlt sich in atmosphärischem Düster-Rock. Das wird dem einen oder anderen Fan der ersten Stunde dann doch deutlich zu weit gehen.
Ist die Überraschung erstmal verdaut, muss man aber eingestehen: Parkway Drive sind nicht nur experimenteller, langsamer und rockiger als je zuvor - sie haben wieder ein Album mit unzähligen Hits abgeliefert. Vorausgesetzt, man mag eben nicht nur den -core, sondern eben auch den Metal-Anteil und stört sich bei dem nicht an den großen, pathetischen Momenten - von denen gibt es nämlich sehr viele. Aber das sind eben fast auch ausnahmslos sehr gute.