Montag, 19. November 2012

Smile And Burn im Interview

"We Didn't Even Fight Yet" heißt das neue - und ziemlich gelungene - Album von Smile And Burn. Die Punkrocker hatten allerdings mehr Probleme beim Einspielen der Scheibe, als man sich beim Hören der Songs vorstellen kann - und haben auch sonst in letzter Zeit einige interessante Dinge erlebt.

Hi Jungs, euer neues Album ist ja nun schon ein paar Wochen draußen - seid Ihr zufrieden mit den Reaktionen, die Ihr seitdem bekommen habt?

Tja, also unsere DIY-Promo-Maschinerie hat wirklich ganze Arbeit geleistet: Wir haben da jetzt zwei pralle Hände voll Reviews von Großen und Kleinen, die uns Honig ums Maul schmieren und anfangs auch noch eine vor Stolz geschwollene Brust. Nach dem doch sehr zähen Jahr wirkt wirklich jede Kritik und jedes ergatterte Interview wie ein Wellnesswochenende. Auf der anderen Seite sind wir sehr ernüchtert, weil sich das konzerttechnisch kaum bemerkbar macht. Die Leute, die Shows mit uns machen wollen, wollten und haben das auch schon vor zwei Jahren und viele andere bleiben völlig unbeeindruckt. In Süddeutschland will uns auch jetzt noch keiner sehen. Natürlich geht es immer so Schritt für Schritt voran, aber das scheint nichts mit der Qualität vom Album zu tun zu haben. Für eine konzert-geile und vor allem günstige Band wie uns tatsächlich etwas enttäuschend.

Soweit ich weiß verliefen die Aufnahmen zum Album ja nicht ganz problemlos - wollt Ihr erzählen was da so alles passiert ist?

Also, mit der Geschichte dieser Stolpersteine ließe sich inzwischen nun auch ein Roman schreiben. Angefangen hat alles anno 2011 als unser Gitarrist ausgestiegen ist mitten im Songwriting-Wirrwarr, dann ist unser Basser für ein Praktikum für eine Weile verzogen und auf einmal saßen wir auch schon im Studio. Wir wussten, wir würden uns bis zur absoluten Betriebsblindheit runterarbeiten, ist dann auch so gekommen. Und als nach 30 Tagen Schlafmangel, 12 mal Tofu-Curry mit Reis zum Mittag und einer rauchenden Espresso-Maschine das Master niemanden vom Hocker gehauen hat, haben wir uns für fremde Hilfe entschieden. Aber versuch mal so fix wieder an Geld für ein Tonstudio zu kommen, was auch noch sofort alles richtig machen muss und natürlich wie immer so schnell wie möglich. Für den dritten Release-Termin-Anlauf hat es ja dann geklappt, so halbwegs.

Würdet Ihr im nachhinein sagen, dass es genau die richtige Entscheidung war, die Aufnahme größtenteils selbst zu machen?

Niemand von uns würde wohl ernsthaft bereuen, den kompletten Prozess von der ersten Note bis zum Master wenigstens einmal durchgemacht zu haben. Das war echt epochal, sich bis zum Delirium so einen abzurackern. Aber – so viel Ehrlichkeit muss sein – sofern uns nicht das nächste mal jemand ein Studio für zwei Monate bezahlt, machen wir das wohl nicht nochmals. Is' schon geiler, wenn man einfach nur mit Pizza auf der Ledercouch von hinten Befehle reinbrüllen kann.

Gleich zur Album-Veröffentlichung habt Ihr in Berlin ja eine Release-Party gespielt - und die lief ja ziemlich gut....

So scheiße wie das davor terminlich alles war, aber als genau 24 Stunden vor Konzertbeginn die CDs fix und fertig ankamen, haben wir bis zur Genickstarre die Fäuste gereckt. Außerdem, waren die Jungs von den Dimensions so betrunken, dass sie vergessen haben, sich ihr Essensgeld bei uns abzuholen. Falls ihr das also lest: Harrr, wir haben uns Marzipanschokolade davon gekauft!

Danach ging es dann auf Tour nach England. Soweit ich weiß verliefen die Shows sehr unterschiedlich - erzählt doch mal von den besten, aber auch den schlechtesten Konzerten dort!

Wir haben uns stattlich von 180 Gästen in Berlin auf einen einzigen Gast in Southhampton runtergespielt, um uns dann wieder auf stolze 200 Gäste am letzten Tag in Brighton hochzuspielen. Von "you guys seriously suck" in Nuneaton, über Pyramidenbau in Truro bis zu "you guys need some cocaine?" in York war alles dabei eigentlich. Die Achterbahn der englischen Pub-Konzert-Kultur ist täglich den ein oder anderen Lacher wert.

Wie kamt Ihr überhaupt auf die Idee, durch England zu touren? Ist ja nicht gerade das einfachste Pflaster für ausländische Bands....

Das ist wie damals auf Klassenfahrt: Obwohl man immer nur dasselbe macht, fährt man trotzdem lieber nach Prag, als an die Müritz, scheiß auf die Kosten. Und ganz ehrlich: Sobald du in Calais oder Dover vom Grenzer kontrolliert wirst, er dich fragt, was du da im Kofferraum hättest und ihm sagen kannst: "We're a punkband on tour", da fühlst du dich wie der härteste Mick Jagger überhaupt. Noch Fragen?

Wie bekommt Ihr den Spagat aus Band- und Arbeitsleben hin? Habt Ihr da einen guten Mittelweg gefunden oder ist das immer wieder ein Problem?

Spagat ist gut ja, mit doppeltem Leistenbruch. Der Ärger hat uns in kurzer Zeit zwei Gitarristen verschlissen. Unsere Liebe zur Musik ist pathologisch, für sowas gibt es keinen Mittelweg. Der ewige Konkurrenzkampf, wer sein Studium eher hinschmeißt, unerlaubt krank macht oder mit nochmal zehn Euro weniger im Monat auskommt wird täglich aufs Neue ausgefochten.

Wie seht Ihr denn aktuell die Punkrock-Szene in Eurer Wahlheimat Berlin?

Ein kurzer Vergleich: Die Band A Loss For Words spielt die Vans Warped Tour. Vor zwei Wochen in Berlin waren da 20 Leute im Cassiopeia. Aber hey, Platz zum Tanzen hat die kleine Dorfgemeinde mit Großstadt-Anstrich genug. Wenn nur nicht meine Stoffschuhe so schnell durchgelatscht und meine Hosen zu eng dafür wären.

Was steht demnächst an?

Nachdem wir nun zweimal – ich möchte sagen – großzügig dran vorbeigeschrammt sind, wollen wir im dritten Anlauf jetzt aber wirklich den Punk neu erfinden! Und auf dem Weg dahin endlich einmal in Russland vorbeischauen, die Festivalsaison miterleben und verdammt nochmal nach Süddeutschland!

Noch etwas, das Ihr loswerden wollt?


Wir sind die einzige Band, die seit zweieinhalb Jahren immer dieselbe Gagenforderung hat und damit nichtmal Inflationsausgleich erhält: Also bucht uns! Und ach ja, an alle Hater da draußen: Awesome Reach!