Donnerstag, 19. Juni 2014

Mongol Horde - s/t (X-Tra Mile)

Punk- und Hardcore-Musiker, die auf einmal ein Singer-/Songwriter-Album machen, gibt es wie Sand am Meer. Den umgekehrten Weg gehen nur wenige - Frank Turners Debütalbum mit der Mongol Horde, wo der erfolgreiche und sympathische Folk- und Pop-Barde den heftigen Krach für sich entdeckt, ist definitiv eine Ausnahmeerscheinung. Wobei es für Turner ja im Grunde ja auch eine Rückkehr zu den Wurzeln ist, schließlich hat er lange vor dem kommerziellen Durchbruch schon ein Faible für Hardcore gehabt. Eigentoich ist die Evolutionsgeschichte von Turner oder der Platte aber auch egal, viel wichtiger: Was Turner hier zusammen mit  Sleeping Souls-Keyboarder Matt Nasir und Ex-Million Dead-Kollege Ben Dawson aufgebnommen hat, ist witziger, abwechslungsreicher zund smarter als unzählige andere Hardcore-Alben der letzten Monate.

Das beginnt schon mit der stilistischen Breite: Nach einem kurzen jazz-Intro prügelt sich der Opener "Make Way" erstmal durch grandiose Metalcore-Passagen, bevor es in "Weighed And Found Wanting" so vertrackt und rhytmisch groovend wird, dass man an die glorreichen Snapcase ebenso denkt wie Glassjaw in ihren härtesten Momenten. Bei "Tapeworm Uporising" wird es dann nochmal eine ganze Ecke melodischer, bevor in "Casual Threats From Weekend Hardmen" bestes Old School-Geknüppel mit intelligenten Refused-Zitaten verknüpft wird. Apropos Refused: "The Shape Of Punk To Come" stand mental zweifellos ganz massiv Pate für diese Scheibe, an Dennis und Co wird man mehr als einmal erinnert.

Will sagen: Stil-Puristen werden die Mongol Horde kaum abfeiern, so Scheuklappen-abstinent wie die sich durch Metal, Hardcore, Rock und Punk wütet und einen Haken nach dem anderen schlägt. Dann noch Spoken Word-Passagen, atmosphärische Gitarrenwände und instrumentale Zwischenspiele sowie Turners prägnantes Organ, das vorzüglich brüllen kann, andererseits aber eben auch immer unterschwellig den Hang zur Melodie auslebt. Und oben drauf noch Texte, die vor Ironie und Augenzwinkern nur so strotzen - diese Prise Humor würde manch anderer sich zu ernst nehmenden Band auch wunderbar stehen.

Bei aller Härte verliert die Platte auch nie ihren Hit- und Hymne-Appeal - Turner mag es eben Songs zu schreiben, die von der Masse abgefeiert werden können, egal ob die in der großen Halle oder im kleinen Moshpit steht. Wer Mongol Horde nur als Neben- und Spaß-Projekt abtut, irrt jedenfalls - diese Platte hat Ideen, Stil, Klasse. Und vor allem: lauter tolle Songs.