Dienstag, 2. Februar 2016

Turbostaat – Abalonia (PIAS)

Gleichzeitig so zu klingen wie immer und doch ganz anders – den Spagat schaffen nicht viele. Turbostaat bekommen es auf „Abalonia“ aber hin: Einerseits erkennt man die Band nach wenigen Sekunden – das geht bei dem ganz speziellen Gesang auch gar nicht anders. Auf der anderen Seite ist hier musikalisch vieles neu, variabler, postrockiger, melancholischer – und oft düsterer. Auch wenn viele wohl dachten, dass das eigentlich gar nicht mehr geht.

Aber zwei Jahre nach dem letzten Album „Stadt der Angst“ und 16 Jahre nach der Gründung sind Turbostaat von diesem ihrem Land enttäuschter, verzweifelter, deprinierter denn je. Flüchtlingskrise, Pegida und so vieles mehr haben die Hoffnung auf die Menschheit mal wieder in den Abgrund stürzen lassen, weshalb „Abalonia“ Themen wie Tod und Verzweiflung deutlicher denn je auf den Plan ruft – gleichzeitig aber auch kryptischer ist als die letzten Scheiben. Grandiose Wortspiele wie „Backpfeifensalat“ inklusive.


Da passt es, dass „Abalonia“ grundsätzlich ein Konzeptalbum ist, über das das Presseinfo sagt: „So entstand die Idee für die fiktive Geschichte von der Frau Semona, die ihr gewohntes Umfeld hinter sich lässt und sich auf die Suche nach Abalonia begibt. Ein imaginärer Schicksalsort irgendwo zwischen „Game Of Thrones“ und Homers „Odyssee“, Theodor Storms „Schimmelreiter“ und Kerouacs „On The Road“. Turbostaat entwerfen mit „Abalonia“ also eine Art tief im Husumer Watt verwurzeltes, düsterlackiertes Punkrock-„Born To Run“, das mit der klassischen Geschichte von der Flucht aus den Verhältnissen und der Suche nach einem besseren Leben beginnt.“

Und was heißt das alles musikalisch? Sehr viel. Mal gibt es den doch typischen Turbostaat-Punkrock – etwa in „Ruperts Grün“. Dann weder geht es deutlich ruhiger, nachdenklicher zu, wobei das oft immer nur bis zu einem klar definierten Punkt gilt, an dem sich Lärm und Wut in einer Eskade entladen – „Der Zeuge“ oder  das epische„Wolter“ sind da gute Beispiele. Und dann ist da ein Stück wie „Eisenmann“, das sich jeglicher bekannter Turbostaat-Kategorisierung entzieht und am Ende einfach nur überwältigt, trotz dem teils äußerst minimalistischen Ansatz.


Kurzum: Turbostaat haben wieder eine tolle Platte gemacht – ambitionierter denn je, häufig neue Wege beschreitend und dennoch irgendwie typisch. Beeindruckend.