Beim Comeback von Boysetsfire waren viele sehr skeptisch, ob
sich da nicht eine Legende selbst demontiert – vielleicht war sich sogar die
Band nicht ganz sicher. Nicht ohne Grund gab es damals in Interveiws die
Aussage, dass es sich erstmal um ein „Hobby“ handele – auch wenn man diese
Sätze heute etwas anders darstellt. Was folgte, war in dieser Form aber wohl
auch von den zahlreichen treuen Fans nicht erwartet worden: Seit Anfang 2013
befindet sich die Band auf einem phänomenalen Siegeszug – erst die Veröffentlichung
ihres bislang erfolgreichsten Albums "While A Nation Sleeps" auf dem
Indie-Label End Hits Records mit beeindruckendem Chart-Einstieg des Albums (#22
in Deutschland). Danach dann ausverkaufte Touren, Headline-Auftritte bei Rock
Am Ring und Rock Im Park, eine Jubiläumstour mit jeweils 3 aufeinander folgenden
und bestbesuchten Shows in europäischen Metropolen und kürzlich auch noch das
das von Boysetsfire selbst initiierte und innerhalb weniger Wochen ausverkaufte
"Family First Festival" (21.08.2015 in Köln, Kapazität: 4000
Besucher).
Jetzt also ist das zweite Album nach der Reunion fertig, und
die Band hat gute Gründe, es selbstbetitelt zu lassen: Diese Scheibe zeigt auf
beeindruckende Art und Weise, was diese Band ausmacht. Das heißt auf der einen
Seite zwar, dass die Platte wenig Überraschungen bereit hält – die neuen Songs
klingen im wesentlichen so, wie man es von Boysetsfire erwartet hat. Auf der
anderen Seite verkörpern sie aber auch alle Stärken der Band, angefangen von
den ungefilterten Wutausbrüchen bis hin zu den melodischen Hits.
Gerade von letzteren gibt es sehr viele: „Cutting Room Floor“, „One Match“ oder „Heaven Knows“ sind allesamt
Hymnen mit Ohrwurm-Melodien und grandiosen Refrains, die in bester
Rookie-Tradition das Potenzial dazu haben, auch große Hallen zum kollektiven
Mitsingen zu bewegen. Daneben stehen
dann rotzige Wut-Attacken wie „Don’t Panic“ oder „The Filth Is Rising“,
die beeindruckend auf den Punkt, kompositorisch rund, vor allem aber trotzdem
ungefiltert und roh klingen. Am Ende haben die eingängigeren Momente etwas die
Oberhand, zumal in Stücken wie „Fall From Grace“ auch vor großen Momenten und
Pathos nicht Halt gemacht wird.
Aber Boysetsfire klangen schon lange nicht mehr so rund,
ausgeglichen, homogen und mit sich selbst im reinen. Stilistisch war man dem
Allzeit-Klassiker „After The Eulogy“ selten so nahe – auch wenn dessen Emotionalität
nicht ganz erreicht wird, ist dieses Album ein beeindruckend gutes und
mitreißendes Statement. Und ein weiterer und eigentlich gar nicht mehr
notwendig gewesener Beleg dafür, dass dieses seit Jahren anhaltende Comeback
wohl eines der besten und überzeugendsten des Genres ist.