Zeit nehmen bitte, und zwar so richtig: Das fünfte Album von Motion City Soundtrack droht bei den ersten Hördurchläufen, komplett an einem vorbei zu rauschen. Nicht, weil es schlecht oder Höhepunkt-arm wäre. Aber im Gegensatz zum letzten, etwas unentschlossenen Machwerk oder den euphorischeren Frühwerken ist "Go" unglaublich homogen, relaxt und stimmig - nur braucht man einige Durchläufe, um das wahrzunehmen, wertzuschätzen und nicht als "langweilig" abzutun.
Dabei ist "Go" im Grunde die perfekte Sommerplatte - nur dass Sommerplatte in diesem Fall nicht "Party ohne Ende", sondern meist melancholisch-schöne Pop-Hymnen bedeutet. Ein bisschen späte Jimmy Eat World, ein bisschen späte Sugar Ray, Beach Boys-Flair und Weezer-Verschrobenheit: Nach und nach werden aus den unauffällig poppigen Stücken doch kleine Euphorie-Highlights.
"Boxelder" etwa windet sich vom sanften Liegestuhl-Klang zum mitreißenden Moog-Hit, "Timelines" ist so eine Art vertonte Blümchenwiese zum sich in den Armen liegen und fröhlich mitsingen, "Everyone Will Die" (wo allein schon der Titel die wunderbare und omnipräsente Unentschlossenheit zwischen himmehochjauchzend und zu Tode betrübt zeigt) mit seinem fast schon psychedelisch anmutenden Pathos hätten auch die Shins kaum besser hinbekommen.
Wer doch unbedingt tanzen will - potenzelle neue Livebrecher sind auch ein paar mit dabei. "The Worst Is Yet To Come" hat das alte Fall Out Boy-Flair, "The Coma Kid" lädt zum Festival-Hüpfen ein, "True Romance" ist der schnellste Ohrwurm unter den elf Titeln. Mit jedem weiteren Durchlauf wird aus den anfänglich langweilig vorbeirauschenden Pop-Album ein Werk mit lauter Kleinoden - und vielleicht sogar das betse Album, das Motion City Soundtrack je gemacht haben.