Seien wir ehrlich: Die Zeiten, in denen wir Bracket richtig gut fanden und in T-Shirts der Band herum rannten, liegen für die meisten von uns schon viele Jahre zurück. Damals, bei Caroline Records und später bei Fat Wreck, spielten sich die Jungs mit zuckersüßen und zackigen Songs in unsere Melodycore-verliebten Herzen und Ohren. Später dann dürften viele gar nicht mehr mitbekommen haben, dass die Band überhaupt noch existiert - was angesichts der Veröffentlichungstaktik der letzten Jahre auch kein Wunder ist: Ein Raritäten-Album hier, ein längst verschollenes und Jahre später doch noch veröffentlichtes Album da, reine Digital-Releases um den Aufbau des eigenen Studios zu finanzieren: Zielgerichte und erfolgreiche Selbstvermarktung sieht anders aus.
Trotzdem ist jetzt wieder eine neue Scheibe da. Ob die allerdings nochmal was am Popularitäts-Status ändern kann, bleibt fraglich: Bracket präsentieren sich zwar abwechslungsreicher, aber auch etwas schräger denn je. Und bringen "Hold Your Applause" zudem komplett in Eigenregie heraus. Dafür gelingt es der Band allerdings auch so gut wie es Musikern eigentlich nie glückt, ihre Platte passend zu beschreiben. In der Selbstdarstellung heißt es nämlich: "It's our most all-over-the-place album yet...loud, quiet, fast, slow, stripped down, meticulously layered, melodic, and sometimes a little discordant. In addition to guitars, bass, and drums, we threw in some ukes, mandolin, and other things we could hit and makes sounds with. More Beach Boys-influenced harmonies than ever, and also more angst-iness than ever. All sounds made and recorded with love (and a little angst) by Bracket!"
Ganz ehrlich - hätte die Band das nicht schon selber formuliert, man könnte es als Review benutzen. Vielleicht mit dem kleinen Hinweis, das die ganz großen Hits fehlen oder sich zumindest bei den ersten Hördurchgängen nicht herauskristallisieren wollen. "Not A Pear" grüßt mit Beach-Boys-Harmonien, wie Überhaupt immer wieder viel 60s-Pop durchscheint - schwelgend melancholisch wie in "Fairweathered Friend", aber auch fast schon psychedelisch wie in "Daddy In Law". Dazu kommt ein bisschen Weezer-Attitüde, eingängiger Pop-Punk wie in "The Light" oder dem mit mit schönen OhOh-Chören aufwartenden "My Phanton Limb". Und dann gibt es noch einige Ausflüge in andere Richtungen - "Caving In" mit ungewohnt grungigen Nirvana-Momenten, oder "Wrong", eines der wenigen etwas zackigeren Stücke.
Wer der Band bis heute die Treue gehalten hat, findet hier also viele erwähnenswerte Momente; ob jemand, der irgendwann den Anschluss verloren hat, hier wieder zusteigt, ist allerdings leider eher zweifelhaft; dafür ist "Hold Your Applause " dann doch zu sehr eine "Liebhaber-Platte" geworden.