Donnerstag, 18. Oktober 2012

Punk- und Indie-Labels im Jahr 2012: Fond Of Life im Interview


Antillectual, Astpai oder Smile&Burn sind nur ein paar der Namen, mit denen sich Fond Of Life-Records über die Jahre einen Namen gemacht haben. Natürlich gehen die gravierenden Veränderungen in der Musikindustrie auch aber auch an ihnen nicht vorbei – weshalb wir auch Joe von Fond Of Life in unserer Serie über Sorgen und Nöte von Labelmachern im Jahr 2012 befragt haben.


CDs kauft kaum noch jemand, mit Streaming-Diensten wie Spotify verdienen kleine Labels kaum Geld, immer mehr Bands bringen zudem ihre Alben lieber selber raus - macht es anno 2012 noch Spaß, ein Label zu machen?

Oh ja, das macht es! Fond Of Life Records wurde nicht aus finanziellen Interessen gegründet, sondern ist aus Freundschaften und Spaß an guter Musik entstanden. Es ist großartig auf der ganzen Welt gleichgesinnte Freunde zu haben, die dir auf dem Weg des Labelmachens über den Weg gelaufen sind, aber über Jahre hinweg in Kontakt mit dir stehen. Es ist extrem motivierend zu sehen, wie Freundschaften zwischen den Fond Of Life Bands entstehen, gemeinsame Touren gespielt werden und das Netzwerk der kleinen Label Familie immer enger und stärker wird. Wenn die Einnahmen auch noch die Kosten decken, dann macht das die Sache natürlich noch angenehmer.

Was sind aktuell die größten Herausforderungen für Dein Label?

Fond Of Life Records ist ein sehr, sehr kleines Label in einer ziemlich kleinen Nische. Das schränkt unser Arbeiten zwar ab und an auch ein, bietet aber tatsächlich viele Vorteile. Da Fond Of Life Records ein Hobby ist, können und werden alle Einnahmen zurück in Labelprojekte gesteckt. Der finanzielle Druck ist einfach sehr viel geringer.
Eine Herausforderung ist es jedoch, Hobby und normales Leben zu verbinden. Alleine der Zeitaufwand würde jeden halbwegs normal und zudem noch wirtschaftlich denkenden Menschen sehr erstaunen.

Würdest Du das Label mit Deinem jetzigen Wissen nochmal gründen?

Auf jeden Fall.

Was war dein größter Fehler in all den Jahren?

Schwerwiegende Fehler dürften keine gemacht worden sein, denn sonst gäbe es Fond Of Life Records heute nicht mehr. Ich bedauere es allerdings etwas, mich erst recht spät gegenüber professioneller Hilfe in Sachen (Digital)Vertrieb geöffnet zu haben. Tendenziell reiße ich gerne Arbeiten an mich, anstatt etwas mehr abzugeben. Aber Fehler sind nichts schlimmes, solange man aus ihnen lernt. Das ist der Lauf der Dinge.

Das Thema Urheberrecht ist dank Piraten-Partei und Co ja derzeit überall präsent. Sven Regener hat vor kurzem dazu seine so genannte "Wut-Rede" gehalten und gesagt: "Die kleinen Labels sind alle weg. Was bleibt, ist Volksmusik, deutscher Schlager und Rockmusik für die Älteren" - hat er recht?

Naja, ich zähle Fond Of Life Records zu den kleinen Labels und wir sind nicht wirklich weg. Genauso kenne ich viele andere Labelmacher, die weiterhin durchhalten. Ich habe ja schon angedeutet, dass klein, aber kreativ auf keinen Fall ein Nachteil ist. Ich denke sogar, dass gerade im Kleinen ein Vorteil steckt – man kann viel schneller und einfacher auf Veränderung reagieren.
Interessant jedoch ist, dass einer wie Sven Regener sich auf diese Weise öffentlich auslässt. Das hat die Diskussion gut befeuert, ihr noch mehr Wind gegeben und bis in die breite Öffentlichkeit gebracht. Da Du auch die Piraten Partei ansprichst – Julia Schramm, die im Bundesvorstand dieser Partei sitzt, hat gerade ihr erstes Buch veröffentlicht und schlägt damit gerade recht hohe Wellen. Jedoch nicht mit dem eher belanglosen Inhalt, sondern viel mehr über die Umstände des Veröffentlichens. Über Politik sollte sich jeder selbst so gut es geht informieren und dann seinen eigenen Kopf bemühen.

Und nochmal Regener: Da es uncool sei, sich über Raubkopien aufzuregen "halten alle schön die Schnauze und schauen weiter zu, wie alles den Bach runter geht" -  im Punk- und Indie-Bereich wahrscheinlich schon, oder?

Ja und Nein. Es gibt sie, die Sorte von „Musikfan“, der es keinen Pfifferling mehr wert ist für Tonträger zu bezahlen. Gerade der Aspekt mp3 hat ja vieles vereinfacht in der Hinsicht.  Allerdings habe ich auch gelernt, dass weit mehr legale Downloads getätigt werden, als ich das der Punk und Indie Szene anfangs zugetraut habe.
Und auch wenn die direkten Bestellungen in unserem Fond Of Life Shop leicht rückgängig sind, so verkaufen die Fond Of Life Bands auf ihren Touren weiterhin gut. Das heißt für mich, dass es immer noch Nachfrage an physischen Tonträgern und auch gerade in unserer kleinen Musikszene eine Art Bewusstsein gegenüber kleinen Bands/Labels gibt.

Ist Label-Machen heutzutage eher Hobby als eine echte Möglichkeit, seinen Lebensunterhalt damit zu bestreiten?

Ich bin zufrieden mit dem Hobbystatus von Fond Of Life Records. Hobby heißt ja nicht gleich unprofessionell. Nur haben wir eben einige Freiheiten mehr…

Was sagst Du einer Band, die der Meinung ist, dass man heutzutage als Musiker besser alles selber macht, als ein Label zu beauftragen? 
 
Wenn sich Bands bei uns melden, dann haben sie meist schon einige Erfahrungen sammeln können. Ich selbst bin sehr eng mit dem DIY Gedanken verflochten und verlange auch, dass Bands hart arbeiten, ehe sie sich an Labels wenden. Daher gibt es auf jeden Fall sehr Vieles, was eine Band aus eigenem Antrieb erreichen kann.
Es gibt allerdings den gewissen Punkt, an dem externes Input in verschiedenster Hinsicht überlebenswichtig ist, gerade für junge Bands. Nichts ist schlimmer als Stagnation.
Wir bieten ein kreatives Umfeld und ein weltweites Netzwerk an, was eine junge Band aus Eigenantrieb nur in den allerseltensten Fällen erreichen und für sich nutzen kann. 

Sind Vinyl, hochwertige Sammler-Editionen und Merchandise eine Lösung - oder auch nur der berühmte Tropfen auf den heißen Stein?

Naja, wenn die Band hinter einem edel verpackten Album nicht das halten kann, was durch die teuere Produktion versprochen wird, dann hat sie bzw. das Label schnell ein Problem.
Ich veröffentliche auf Fond Of Life Records nur Bands, zu denen ich mich zu 100% bekennen kann. Da spielt nicht nur die Musik eine Rolle sondern auch politische Ansichten, das Zwischenmenschliche, die Live Präsenz und noch ein zwei andere Ding. Wenn das alles stimmt, dann gehen wir als Label auch gerne ein höheres finanzielles Risiko ein und investieren in schöne Kunstdrucke, buntes Vinyl oder den fetten Digipak. Lange Rede, kurzer Sinn: optimal ist ein insgesamt hochwertiges Release.  

Wo siehst Du Dein Label in zwei oder drei Jahren?

Ich habe nicht vor etwas großartig zu verändern. Ich hoffe, dass Fond Of Life Records weiterhin in mehr oder minder regelmäßigen Abständen qualitativ hochwertige Alben von ambitionierten und sympathischen Bands veröffentlicht und ich ein paar Tage im Jahr auf Tour verbringen kann.

Ein guter Freund kommt zu Dir und sagt, er startet jetzt sein eigenes Label, weil er so viele gute Musiker kennt, die er veröffentlichen möchte. Was rätst Du ihm?

Ich biete meine Hilfe an und freue mich, dass jemand was anpacken will. Es gibt immer noch zu wenige Macher unter uns, die nicht nur jammern, sondern selbst was bewegen wollen. Und damit meine ich nicht zwingend nur Labelmacher.

Noch etwas, das Dir zu diesem Thema wichtig ist?

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